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Die Krankheit des Vergessens....

 
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Gast






BeitragVerfasst am: Fr Nov 16, 2018 10:19 pm    Titel: Die Krankheit des Vergessens.... Antworten mit Zitat

...ist die Hölle und fängt mit "A" an. Evil or Very Mad Die Frage ist, für wen es schlimmer ist und blöd ist, dass man keine Antwort finden wird.

Hallo Mutti!

Vor fast 2 Jahren merkte ich die ersten Anzeichen bei dir und wie jeder andere auch, sagte ich immer, du bist eben nur etwas tüddelig geworden und der Schlaganfall vor ein paar Jahren hat sicherlich auch damit zu tun. Heiligabend stand kurz bevor und ich bat dich darum, einen besonderen Braten zu machen. Du hast dir den Namen aufgeschrieben und wolltest das Fleisch bei deinem Schlachter bestellen. Leider hast du den Zettel vergessen und der Schlachter rief bei mir an. Einen Tag später wusstest du das schon nicht mehr....egal, die Weihnachtszeit ist nun mal stressig für jeden und es gibt wichtigeres. Heiligabend war fast wie immer, nur mit dem Unterschied, dass du nicht mehr wusstest, wie man einen Braten zubereitet. Das du mir an diesem Tag immer wieder die gleiche Geschichte erzähltest fiel dir nicht auf. Aber mir.....

Ein Viertel Jahr später wollte ich mit Dir shoppen gehen. Als du aus dem Auto ausgestiegen bist, wusstest du nicht, warum wir überhaupt dahin gefahren sind. Viele schlimmer fand ich allerdings, dass du gar nicht wusstest wo wir überhaupt waren, obwohl du seit 50 Jahren in dem Viertel lebest. Am gleichen Tag haben wir uns darüber gestritten, weil du angeblich keine Paprika kennst und in deinem ganzen Leben noch nie Paprikaschoten gekocht hast.

Ich war fassungslos und beschloss in den nächsten Wochen mal mit deinem Hausarzt zu sprechen. Es fiel mir unendlich schwer, dich zu hintergehen, aber ich hatte keine andere Möglichkeit etwas über deinen Gesundheitszustand zu erfahren. Mit mir zusammen wolltest du ja nicht zum Arzt. Es dauerte noch weitere 3 Monate bis ich mich endlich aufgerafft hatte und mir einen Termin holte. In der Zwischenzeit waren so viele kleine Dinge passiert, dass ich mir eigentlich schon fast sicher war.

Ich erfuhr von deinem Arzt, dass du dich schon seit sehr langer Zeit durch das Leben schummelst und das es langsam Zeit wird, einen ambulanten Pflegedienst mit ins Boot zu holen. Oh Gott.....wie sollte ich dir das beibringen?! Schließlich kannst du ja noch alles und brauchst keine Hilfe ( deiner Meinung nach! ). Und wenn du mal die Tabletten vergißt, dann kann das doch nicht so schlimm sein. Und Körperpflege wird ja im Grunde auch völlig überbewertet. Rolling Eyes Genauso wie sauber machen. Wer hat denn bestimmt, dass Ecken eckig sein müssen? Rund ist doch auch mal nett.

Trotzdem hast du dich auf einen Pflegedienst eingelassen. Allerings nur einmal, dann war das Thema erledigt. Okay okay, dann also nicht. Ich lies dich also machen, meldete mich ab und zu mal telefonisch und damit war das Thema für mich erledigt. Du würdest dich schon melden. Dachte ich....

Im Herbst bekam ich dann einen Anruf von deinen Nachbarn, dir mir erklärten, dass du völlig verwahrlost bist, deine Medikamente nicht mehr nimmst und zwei Krankenhausverordnungen von unterschiedlichen Ärzten auf dem Tisch liegen hättest. Ich lies alles stehen und liegen und fuhr zu dir. Nach Verwahrlosung sahst du nun wirklich nicht aus und vierbeinige Mitbewohner krochen auch nicht in der Wohnung herum. Nachbarn.... Rolling Eyes

Du warst am Koffer packen für das Krankenhaus, wusstest aber eigentlich gar nicht, was du einpacken solltest und warum du überhaupt dahin musst. Ich las auf den Einweisungen die Gründe und versuchte es dir schonend beizubringen. Man sah dir an, dass du es nicht verstanden hast oder vielleicht und nicht wolltest. Wir packten den Koffer zusammen und haben viel gelacht. Vor allem als ich dich ins Bad schickte, damit du die Kosmetika zusammen suchen solltest. Du gingst in den Raum, kamst wieder raus und fragtest mich was du da machen sollst. So traurig wie es ist, aber in dem Moment war es einfach urkomisch. Villeicht auch, weil du selber merktest, dass irgendwas grad schief läuft.

Das war das letzte Mal, dass wir zusammen gelacht haben. Keine drei Tage später hast du dich so verändert, dass dich kaum noch jemand wieder erkennt. Es war klar, dass du nicht mehr nach Hause konntest. Die Alzheimer war einfach zu weit vorangeschitten und es grenzte sowieso an einer Wundern, dass es die ganze Zeit gut ging. Um Zeit zu schinden, ließ ich dich auf die Geriatrie verlegen und es schaffte es innerhalb von drei Wochen ein Einzelzimmer im einem Pflegeheim zu organisieren. Es war auch noch bei mir in der Gegend und ich stellte mir vor, dass ich dann öfter mal vorbei kommen kann, als sonst und wir auch mal wieder was unternehmen können. Denn es liegen ja einige Kilometer zwischen uns.

Ich organisierte kurzfristig einen Miniumzug, damit du wenigstens ein paar Möbel von zuhause in deinem neuen Domizil vorfinden würdest und wusch deine gesamte Wäsche. Gebügelt lag sie dann in deinem neuen Schrank. Aber dann kam Tag X.....

Als dich ein Sanitäter abholen wollte um dich ins Heim zu bringen drehtest du völlig durch und hast die ganze Station zusammen geschrien. Irgendwann rief man mich an und bat mich sofort zu kommen. Als ich ankam, warst du immer noch völlig aufgebracht und hast mir Dinge an den Kopf geworfen, die ich niemals vergessen werde. Dein haßerfüllter Blick sagte alles. Du hast mich entgegen deiner sonstigen Art, vor allen Leuten zusammengeschis...., mir unterstellt, dass ich nur an das Erbe will und deine Wohnung wahrscheinlich schon verkauft habe. Anschließend redeten 3 Ärzte, eine Dame von der Sozialstation und eine Schwester auf mich ein, dass ich dich doch bitte mit nach hause nehme. Mach wollte dich loswerden, weil das Bett schon wieder neu belegt werden sollte.

Die vermeindlichen Götter in weiß hatten jedoch die Rechung ohne den Wirt gemacht und nach 5 Stunden ging ich mit den Worten "sie hören von meinem Anwalt" ohne dich nach hause. Ein Arzt besaß noch die Frechheit zu sagen, dass ich zwar im Recht sei und dich nicht mitnehmen muss, aber die meisten Angehörigen in solchen Situationen einknicken und die Patienten dann doch mitnehmen. Nach einer Woche rückte eine Richterin im Krankenhaus an und unter bestimmten Auflagen wurdest du nach Hause entlassen.

Du hast mich regelrecht terrorriesiert mit Anrufen und bist auch heute noch der Meinung, dass es nicht deine Möbel sind, da in der Wohnung stehen. Auch die Waschmaschine ist dir völlig unbekannt. Renoviert hätte ich ich die Wohnung auch in der Zeit.... Shocked

Ich wollte nur noch meine Ruhe. Die Telefone stellte ich komplett aus,meinen Briefkasten leerte ich nur noch, wenn nichts mehr rein passte und wer mich schief anguckte, kriegte einen Gang. Das einzige was mir in der Zeit ein bisschenhalf, waren regelmäßige Besuche in der Selbsthilfe der Alzheimergesellschaft.

Und dann waren sie plötzlich da die ersten Flashbacks. Ich war wieder in meiner Kindheit und die waren viele Jahre ganz und gar nicht schön. Aber das wirst du nie erfahren. Und wenn dann würdest du es mir ja nicht mal glauben. Obwohl du dabei warst zum Teil. Aber geholfen hast du mir nie. Und nun? Das Blatt wendet sich und du brauchst Hilfe. Das war zuviel für mich und ich brach endgültig zusammen. Alleine kam ich da nich tmehr raus und ich lies mich selber einweisen. Es war mir egal, dass Weihnachten und Silvester vor der Tür stand. Ich brauchte Hilfe und bekam sie. Viele Wochen habe ich mit mir gekämpft und mich mit Dingen auseinandergesetzt, die ich meinem ärgsten Feind nicht wünsche. Aber mein Entschluss steht fest.

Du bist auf dem Papier meine Mutter und ich helfe Dir, wenn du Hilfe haben möchtest. Aber alles andere ist mir schlicht weg egal. Von meiner Seite aus wird freiwillig nichts mehr kommen. Du hast mich bei so vielen Leuten so schlecht gemacht und Lügen verbreitet, dass es im Grunde jeden wundert, wenn ich mich überhaupt noch um irgendwas kümmer. Aber ich möchte eben nicht so sein wie du. In einer Notlage schage ich niemandem die Tür vor der Nase zu!

Das ist jetzt fast ein Jahr her und wieder einmal steht Weihnachten vor der Tür. Ich hoffe, du vergißt mich zu fragen, ob ich komme!

Deine Tochter
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Zeitlos
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BeitragVerfasst am: Sa Nov 17, 2018 1:52 am    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn man die Mutti nicht mehr alleine lassen kann …

ist sie im Familienverband am besten aufgehoben.

So lange nichts verändert wird - wird sie auch nicht aggressiv.
Sie will auch keinen Streß.

Für die Angehörigen ist es trotzdem ein 24-Std.-Tag - denn die Mutter kann ja nicht alleine gelassen werden und ist immer da.

Wohl dem, der das Kinderzimmer wieder dafür frei hat … die Vergütung ist allerdings ein 1-Euro-Job.

Zur Erinnerung:
auch die Tochter wird an der gleichen Krankheit leiden - denn sie ist erblich.

Zeitlos
Smile
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Trevita1
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BeitragVerfasst am: Sa Nov 17, 2018 10:43 am    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Apfelsinchen,

auch wenn sich Dein "Brief" teilweise fast amüsant liest, weil Du Deinen bekannten Humor dabei nicht aussen vor lässt, macht mich Dein Schicksal und das Deiner Mutter sehr betroffen. Es ist zwar kein Einzelfall und man hört immer wieder und immer öfter, dass so etwas in Familien passiert, weil wir Menschen immer älter werden, aber wenn - so wie jetzt - ein ganz persönlicher Bericht darüber erfolgt, geht es doch unter die Haut, auf jeden Fall, was mich betrifft.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Kraft für die kommende Zeit und vor allem, dass sich die Negativentwicklung im Wesen Deiner Mutter wieder umkehrt und ihr ein versöhnliches Miteinander erreicht. Ich denke, sie kann nichts dafür, wenn sie böse und aggressiv reagiert, weil sie selbst bemerkt, dass es in ihrem Leben nicht mehr stimmt, so dass Du ihre Vorhaltungen vielleicht nicht persönlich nehmen solltest.

Ich muss dabei an einen Spruch in meinem Poesie-Album denken: "...und wenn ein Freund dich kränkt, verzeih's ihm und versteh' - es ist ihm selbst nicht wohl, sonst tät er dir nicht weh"...

Allerdings, wenn dabei, wie Du schreibst, Erinnerungen an Deine Kindheit über Verhaltensweisen Deiner Mutter hochkommen, so ist das natürlich traurig. Umsomehr ist Nachsicht und Vergebung von Deiner Seite notwendig, damit sie einmal in Frieden gehen kann... Ich denke, Du bist die Stärkere in dieser Situation...

Ich hoffe und wünsche, dass sich bald eine Lösung finden wird, die sowohl für Dich als auch für Deine Mutter die richtige sein wird. Alleine in ihrer Wohnung kann sie sicher auf Dauer nicht bleiben, weil sie sich und andere gefährden könnte.

Eine ganz liebe Umarmung von Deiner *Omi*...
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Gast






BeitragVerfasst am: Sa Nov 17, 2018 6:48 pm    Titel: Antworten mit Zitat

@Zeitlos

Hast Du Deine Eltern pflegen müssen oder tust es sogar? Wenn ja, dann hast Du meinen Respekt. Was mich angeht, so werde ich meine Mutter niemals pflegen. Das habe ich ihr bereits in meiner Jugend klar gemacht. Unabhängig davon will sie das sowieso nicht. Ich komme aus dem sozial medizinischen Bereich und kenne auch in meinem persönlichen Umfeld genug Menschen, die durch die Pflege ihrer Angehörigen fast zu Grunde gehen. Das Modell von wegen Kinder müssen ihre Eltern pflegen, ist überholt, seitdem man auch als Frau arbeiten muss, um Geld zu verdienen.

By the way, meine Oma ist auch an Alzheimer verstorben. Ich bin mir also dessen bewusst, was mir blühen kann.

@Trevita

Ich weiß, dass sie nicht für ihr Verhalten kann. Aber wenn man unter Dauerbeschuss steht, kann man sich das 100x einreden, es funktioniert nicht mehr.

Es ist nicht jeder Alzheimer-Patient agressiv und leider weiß man auch nicht warum. Auf Nachsicht und Vergebung kann sie lange warten. Sorry Trevita, aber wenn eine Mutter daneben steht, wenn ihr Kind missbraucht wird, dann kann sie das auch nicht erwarten. Klar, sie ist hilflos in ihrem jetzigen Zustand. Ich war es aber auch viele Jahre. Die sogenannte Bindung, die zwischen Mutter und Kind eigentlich bestehen sollte, hat sie schon kurz nach meiner Geburt gekappt.

Für mich gibt es nur eine Lösung. Sie muss in eine vernünftiges Pflegeheim. Wenn sie nicht freiwillig geht, wird sie über kurz oder lang Zwangseingeliefert. So will es nun mal das Gesetz und die Richterin im Krankenhaus hat es ihr klar gemacht. Ich bin zwar ihre Betreuerin, aber solange nichts passiert, kann ich sie nicht zwingen. Ergo muss ich es laufen lassen. Durch den Pflegedienst, den sie mittlerweile akzeptiert hat und ihre Nachbarn, werde ich immer auf dem laufenden gehalten und kann sofort reagieren. So gesehen, komme ich meinen rechtlichen Pflichten nach. Das kann man verstehen oder auch nicht. Für mich mittlerweile der einzige Weg um damit klar zu kommen und mich trotzdem noch im Spiegel angucken zu können.

Was meinen Humor angeht.... Cool vieles ist einfacher wenn man es mit Humor nimmt.
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Trevita1
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Beiträge: 3782

BeitragVerfasst am: Sa Nov 17, 2018 10:26 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Oh weh, meine Liebe. Was Du da schilderst, ist heftig - da kann ich Dich natürlich gut verstehen. Eine Mutter, die ihr Kind nicht schützt und tatenlos zuschaut verdient diese Bezeichnung nicht. Eine solche Erfahrung zu machen, zerstört nicht nur das Vertrauen in den wichtigsten Menschen, den wir als Kinder haben, sondern überhaupt das Urvertrauen und bleibt für das weitere Leben sicher nicht folgenlos.

Ein solches Verhalten macht mich fassungslos, weil man immer wieder von Müttern hört, die Stillschweigen üben, wahrscheinlich um den Ehemann und die finanzielle Versorgung nicht zu verlieren oder sie sind dem Mann hörig (anders kann ich mir das nicht erklären)...

Aber es ist gut, dass Deine Mutter doch nicht ganz ohne Aufsicht ist, sonst würdest Du als Betreuerin möglicherweise noch Schwierigkeiten bekommen.
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Gast






BeitragVerfasst am: So Nov 18, 2018 12:03 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Natur_talent!

Es ist völlig okay, dass Du Deine Meinung äußerst und ich nehme Dir Deine Äußerungen auch nicht übel. Smile Allerdings weiß ich nicht, warum das ein sensibles Thema ist. Sensibel ist all das, was Menschen verdrängen, weil sie Tatsachen nicht ins Auge schauen können oder wollen. Die Gründe sind vielfälltig. Fakt ist aber, dass es in den nächsten Jahren noch sehr viel mehr Menschen geben wird, die daran erkranken.

Du schreibst, dass Du 2 Menschen kennst, die an Alzheimer erkrankt sind, vergißt aber dabei dass es einen gewaltigen Unterschied gibt. Jemanden zu kennen oder einen direkten Anghörigen mit der Erkrankung zu haben. Ich würde es mir verdammt einfach machen, wenn ich die Betreuung abgeben würde, weil ich mich dann immer rausreden könnte, wenn jemand fremdes Entscheidung trifft, die vielleicht nicht in ihrem Sinne sind.

Auch wenn sich das was ich schreibe für Dich hartherzig oder gefühlskalt anhört und nicht nachvollziehbar ist, dass ich mich noch im Spiegel ansehen kann. Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Im Grunde lasse ich sie doch so leben, wie sie das will. Ich zwinge sie zu nichts und wenn sie Hilfe haben will, kann sie mich jederzeit anrufen. Sie hat bereits mehrmals gegen die Auflagen vom Gericht verstoßen und rate mal, wer ihr den Allerwertesten gerettet hat und somit vor der Zwangseinweisung bewahrt hat? Denkst Du ein gesetzlicher Betreuer , für den sie eine willdfremde Person ist, hätte das gemacht? Ganz sicher nicht. Der hätte das Gericht informiert und dann wäre es das gewesen. Nennst Du das respektvoll? Unabhängig davon hat meine Mutter mich vor Jahren schon zur Betreuerin erklären lassen.

Wo habe ich geschrieben, dass ich meine Traumata nicht aufarbeite? Im Eingangstext habe ich bereits berichtet, dass ich vor einem Jahr über viele Wochen in einer Klinik lag. Die Wochen haben mir sehr viel gebracht u. a. auch zu verstehen, warum ich reagiere, wie ich reagiere. Hat auch was mit der Amygdala und dem Hypocampus zu tun. Ich kann auch nicht mehr ändern was vor über 40 Jahren passiert ist, muss aber damit leben. Manches wäre einfacher gewesen, wenn meine Mutter mir meine tausend Fragen beantwortet hätte, anstatt es zu verleugnen. Aber ist es nun mal wie es ist.

Ich habe mich auch nie gefragt, ob ich eine gute Tochter bin. Warum auch? Letztendlich bin ich der Mensch, den sie "fabriziert" hat. Seit vielen Jahren bin ich selbst auch schwerbehindert. Glaubst Du sie hat mich ein einziges Mal gefragt, ob ich Hilfe brauche? Nein.
Das klingt jetzt, als wenn ich Rache üben würde. Nein, so ist es ganz und gar nicht. Im Gegensatz zu ihr, habe ich mich mit ihrer Krankheit auseinandergesetzt. Ich tausche mich mit Angehörigen von Betroffenen aus, habe eine Validationsschulung mitgemacht usw. Worin sich komischerweise alle Angehörigen einig sind ist die Tatsache, dass Außenstehende sehr selten nachvollziehen können, warum ausgerechnet die Kinder der Betroffenen so "hartherzig" sind. Natürlich ist es ein Art Hilflosigkeit. Aber grade deswegen sage ich ja, dass es nur eine Lösung für mich gibt.

Wenn sie friedlich mir gegenüber ist, bin ich es auch. Ist sie es nicht, drehe ich mich um und gehe. Das ist die einizige Möglichelit uns beide zu schützen . Sie hat es in kürzester Zeit vergessen, ich nicht. Und trotzdem bin ich da. Nennst Du das Respektlos?
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Hautgefuehle
entdeckend


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BeitragVerfasst am: So Nov 18, 2018 1:47 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Liebes Apfelsinchen!
Ich kenne Dich ja (von den alten Zeiten hier gesehen) als ironisch treffende und humorvolle Schreiberin, mit kurzen Worten!
Deshalb bin ich etwas überrascht, von Dir so lange Schilderungen Deiner Lebensumständen zu lesen! Es ist mutig, mal seine Gedanken in dieser (begrenzten) Öffentichkeit hier rauszulassen! Aber irgendwo muss ein Ventil her,für den inneren Aufstau, wie auch Trevite meint!
Mit meinen Eltern hatte ich Glück in dieser Beziehung...hatte aber als Physiotherapeut öfter Kontakt mit betroffenen Menschen.
Ja, es ist etwas ganz anderes, mal ein-zwei Stunden am Tag bei dieser Krankheit mit eigentlich fremden Menschen umzugehen, als sie immer um sich zu haben!
Ich konnte deshalb oft mit etwas Lob und Fantasie (in dem ich auf die Gedanken dieser Menschen einging, ihnen ihre Vorstellungen ließ und sie nur positiv beeinflusste) sie in friedliche oder sichere Bahnen lenken. Aber das ist bei der eigenen Mutter mit dem Ballast schlechter Kindheitserlebnisse eben nicht so einfach möglich!
Ich finde Dein Verhalten verständlich und Deine Zeilen bei der Antwort für Natur_Talent haben ja gezeigt, dass es Dir eben nicht egal war und Du dich im Rahmen Deiner seelischen Möglichkeiten sehr wohl um sie gekümmert hast und es noch tust!
Deine mutige Ehrlichkeit klingt natürlich für Aussenstehende etwas hart, ist aber einfühlbar verständlich bei Deiner Vergangenheit!
Ich wünsche Dir die Kraft, es so durchzuhalten und auf diese Art Deiner Mutter beizustehen!
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Gast






BeitragVerfasst am: So Nov 18, 2018 9:22 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Mr. Skinfeeling Wink

Stimmt, ausnahmsweise hab ich hier mal viel geschrieben. Dennoch ist das nur ein winzig kleiner Teil aus meinem Leben. Glaube mir, mehr möchtest Du auch nicht wissen. Ich kanns ja selbst manchmal gar nicht glauben.

Zu Beginn der Alzheimererkrankung habe ich sowas wie ein Tagebuch geschrieben. Ich habe jedes Gespräch mit meiner Mutter notiert und meine Eindrücke. Vor allem aber musste ich mir aufschreiben, was ich alles erledigen muss. Manchmal hatte ich schon selbst das Gefühl tüddelig zu werden. Rolling Eyes Ich wollte auch wissen, wie schnell das alles voran schreitet, weil sie eigentlich zu jung dafür ist. Aber nach ein paar Monaten habe ich aufgegeben, weil ich mit dem Schreiben nicht mehr hinterher kam.

Schreiben ist wie Du schon sagtest, eine Art Ventil für Dinge, die man sonst nicht wirklich los wird. Mir hilft es auch, die Dinge klarer zu sehen, bzw. aus einem anderen Blickwinkel. Grade wenn jemand ein völlig konträre Meinung dazu hat.

@seylorm

Verzeihen kann ich ihr nicht. Zumindest jetzt noch nicht. Vielleicht ändert sich das noch, aber wenn nicht, dann ist es eben so. Warum sollte ich auch jemandem verzeihen, wenn sich alles in mir dagegen sträubt? So wie ich Dich kenne, wirst Du es verstehen. Wink
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Hautgefuehle
entdeckend


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Beiträge: 209

BeitragVerfasst am: Di Nov 20, 2018 1:17 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Apfelsine...

Ja, Du hast Dir also viele Gedanken und Arbeit gemacht...hast Dich mit der beginnenden Krankheit Deiner Mutter sehr intensiv befasst! Das ist zumindest das Pflichtbewusstsein für einen nahen Menschen...wie kompliziert und leidbelastet diese Verbindung auch für Dich sein mag! Und hast nicht nur gedacht und geschrieben, sondern auch einiges getan, was getan werden musste. Du hast aber irgendwann gesehen und gefühlt, dass das Aufschreiben, dass Dir Verständnis und Übersicht bringen sollte nur am Anfang eine Hilfe war, dass es aber nicht ändern konnte, weder die Erkrankung Deiner Mutter noch die belastende Vergangenheit miteinander. Und es wurde ja auch immer komplizierter und vor allem mehr...


Seylorm...
Natur-Talent...


Natürlich kann Verzeihen in vielen Fällen Frieden bringen! Auch bei manchen Verletzungen der Seele! Aber das muß man klipp und klar sagen: Manche Reaktionen kann man eben nicht verzeihen! Gerade die fehlende Hilfe oder der fehlende wenigstens nachträgliche Beistand durch eine Mutter (oder einen Vaters), das Wegsehen bei seelisch sehr schlimmen Übergriffen! Es ist so eingebrannt, dass man es nie vergessen kann...es nie verstehen... und deswegen auch nicht verzeihen kann! Man muss und kann vielleicht lernen, damit zu leben!
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BeitragVerfasst am: Mi Nov 21, 2018 9:24 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hautgefuehle hat Folgendes geschrieben:
....Es ist so eingebrannt, dass man es nie vergessen kann...es nie verstehen... und deswegen auch nicht verzeihen kann! Man muss und kann vielleicht lernen, damit zu leben!


Das trifft es so ziemlich auf den Punkt! Aber leider muss auch das Umfeld damit klar kommen und das ist mitunter schwierig. Das schwierigste ist Vertrauen zu fassen und das merkt der andere natürlich....
Mein Stiefvater ( der Täter ) wollte auf dem Sterbebett sowas wie eine Absolution...no way....sein letzter Atemzug war meine Frieden.
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