50plus Forum - Liebe & Partnerschaft, Hobby, Reisen, Witze, Geschichten, Regional, Klatsch und Tratsch Foren-Übersicht 50plus Forum - Liebe & Partnerschaft, Hobby, Reisen, Witze, Geschichten, Regional, Klatsch und Tratsch
Das Forum zum Gedankenaustausch für die Generation 50plus. Ob Partnerschaft, Hobby, Sport oder Politik - Diskutieren Sie mit anderen Menschen über das, was Sie bewegt.

Sollten Sie noch kein Mitglied sein, dann melden Sie sich hier kostenlos und unverbindlich an.
 
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   BenutzergruppenBenutzergruppen    
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Lebenswut
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    50plus Forum - Liebe & Partnerschaft, Hobby, Reisen, Witze, Geschichten, Regional, Klatsch und Tratsch Foren-Übersicht -> Mitglieder schreiben Geschichte(n)
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: So Jun 20, 2010 2:24 pm    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

Die endlos sich dahin schlängelnde Baumallee, eine keinesfalls langweilige Landstraße mit immer wieder neuen reizvolleren Ideen der Natur, wird heute zur Herausforderung für Mensch und Technik.

Hans kann seine Ungeduld nur zügeln, indem er pausenlos den dunkelroten Dauerbrenner, wie er seit Jahren schon seinen wohl behüteten Opel-Opa bezeichnete, in die Offensive drängt.

Die reizvollen Veränderungen der Natur können ihn heute kaum ins Erstaunen versetzen, viel mehr aber die Tankanzeige seines Wagens.
Nie vergaß der Metzger vor Antritt einer Fahrt die Kraftstoffreserven zu überprüfen.

Wie nervenzerreibend, langweilig und öde kann eine alte Baumallee nur wirken, wenn man mit made-in-Holland-Pantinen, dem hochgekrempelten karierten Arbeitshemd, verschwitzt an Leib und Seele und dem ölverschmierten Kanister des Dauerbrenners ein noch weit entferntes Ziel erreichen muss.


Zuletzt bearbeitet von southpool am So Jun 27, 2010 5:28 am, insgesamt einmal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Google






Verfasst am:     Titel: Sponsored Link


Nach oben
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: So Jun 27, 2010 5:04 am    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

Baum an Baum und Jahr an Jahr lässt Hans an sich vorüberziehen.
Fast jeden Stein dieser alten Landstraße meint er zu kennen, denn viele verbindende Erinnerungen werden in ihm wach.

Noch jung an Jahren und mit einem alten Drahtesel unterm Hinterteil sah er die Bäume rechts und links entlang der oft verstaubten Verbindung zwischen Wiesenburgen und Feldkannwarten buchstäblich älter werden.
Erst viele Jahre später überzog ein Kopfsteinpflaster den Ackerweg und aus Feldbauaue wurde die Neue Allee Straße.

In Feldkannwarten gab es damals schon ein Freibad, so mit Liegewiesen und einem alten Bademeister, über dessen Alter und Funktion sehr viel gewitzelt wurde.
Der Lieblingswitz war die spannende Frage nach dem
Wer-rettet-wen-Prinzip.
Dufte Puppe, die ins Wasser fällt und um Hilfe ruft, entdeckt alten Bademeister mit qualmender Buchs (Hose) beim Nickerchen (Schlafen).

Und wir konnten, noch lange nicht den Kinderschuhen entwachsen, immer wieder herzhaft darüber lachen, so wie auch über den gelben Flicken, der später das Brandloch in der Bademeisterhose bedeckte.

Das alte Freibad wäre heute kaum wiederzuerkennen. so vieles hatte sich verändert.
Auch Menschen könnten sich verändert haben.

Nicht mehr weit vor ihm sieht er schon die Spitze des Kirchturmes und bald darauf das erste Dach des angrenzenden Pfarramtes.
Kirche und Pfarramthäusel blieben all die Jahre weiß gestrichen, auch dann als der Ortsrat einen gelben Anstrich verordnen wollte.
Aber das war wohl fast mit das Einzigste, was sich nicht verändert hatte.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Mi Jul 07, 2010 11:26 pm    Titel: Antworten mit Zitat

An die glatten und rutschfördernden regennassen Pflastersteine aber auch an die von der Sommerhitze aufgeheizte 'Liebesmeile' unter seinen Füßen kann sich Hans noch ganz genau erinnern.
All die Steine und die Bäume entlang der 'Liebesmeile' hätten ganz sicher viel zu erzählen, wenn sie denn könnten.

Und sein Drahtesel ließ ihn fast nie in Stich, nicht von Wiesenburgen nach
Feldkannwarten und selten umgekehrt.
Rad und Fahrer besuchten oft das Freibad, später dann wog die Last des alternden Drahtesels beinah dreimal so viel und die Rückwege wurden auch fast dreimal länger.

Die Vorfreude auf die Nachmittagsausflüge wuchs mit den Jahren, so dass
die manchmal kleinen und bitteren Erfahrungen Randerscheinungen blieben.

Aber in all den kleinen Randerscheinungen steckt offensichtlich immer
ein und dieselbe Erinnerung an einen Blick, feurig und zornig zugleich.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Fr Jul 09, 2010 11:33 pm    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

Die letzten Schritte noch und auch die vorerst letzten Erinnerungen an
eine Zeit, die schön, geheimnisvoll und voller Liebe war.
Auf den Feldern ringsum blühte oft und viel der Mohn, später hatte er
seine Daseinsberechtigung verloren und heute, in einer Zeit der Erinnerungen, darf er wieder weit über die Wiesenraine schaun.


Hans und Hermiene waren noch sehr jung als sie sich zum ersten Mal begegneten.
Hans, fast noch Hansi oder Hänsle gerufen, sah das schöne und braungebrannte Mädchen mit den großen braunen Kulleraugen und den kastanienbraunen langen lockigen Haaren im Freibad zunächst immer wieder nur an.
Wie gelassen aber auch ziemlich zickig sie mit ihren Freundinnen umging, schreckte ihn keineswegs, um den Blick abzuwenden. Im Gegenteil, es imponierte ihn ungemein und gerne hätte er sie angesprochen.

Das liegt wohl in seinen Genen und ist bis heute so geblieben.

Wäre da nicht irgendwann der bewegliche Eis-Toni aufgetaucht, wer weiß wie dann sein Lebensweg verlaufen und er müsste heute nicht die einzelnen Etappen der Erinnerung zurück verfolgen.

Doch ganz gleich, es waren fast immer nur schöne Dinge, an die er sich erinnerte und für keinen Preis der Welt hätte er auf die Bekanntschaft mit Hermiene verzichtet, auch nicht als er einmal sehr eifersüchtig war und beinahe alles in die Brüche zu gehen drohte.

Durch die vielen verbrachten Stunden im Freibad hatte Hans auch viele Freunde im dortigen Ort. Einer von ihnen war der heutige Pfarrer und Solist Franz Framinicht. Auch dessen Bruder, der sechs Jahre älter zählte,
kam hin und wieder vorbei, um nach Franz zu schauen.

Während Franz den Glimmstengel zwischen seines Bruders Zähnen wehleidig verfolgte, hatte Hänsle nur Augen für Hermiene, die tropfnass
ihn ahnen ließ, was ihr eng sitzender Bikini da zu verbergen versuchte.

Hermiene dagegen würdigte ihn keines Blickes, viel zu sehr war sie damit beschäftigt, wieder einmal einen entfachten Streit zwischen den Mädchenhaufen zu schlichten.
Ab und an warf sie auch einen gespielten Blick auf die Decke
der Jungen und blieb wie Franz zu guter letzt am Glimmstengel seines Bruders und dessen Lippen hängen.

Aber das änderte sich ja bald darauf als nämlich der Eis-Toni um die Ecke bog. Da war sie, die erhoffte Gelegenheit für Hansi und aus dem Eis wurden erste zaghafte Küsse und ein dreimal so langer Heimweg mit doppelter Last für den Drahtesel.

Hermiene las Hans in den glücklichen Miteinanderzeiten jeden Wunsch von den Lippen ab und Hans freute sich über den wie er meinte Sinneswandel seiner Frau von der etwas eigenwilligen, man könnte fast schon einschätzen auch hochnäsigen Jungfrau zum sich entwickelnden sanftmütigen Eheweib.

Hin und wieder versuchte sie zwar anfangs ihrer gemeinsamen Beziehung noch immer einen Blick auf den Glimmstengel und dessen Besitzer zu werfen aber das verlief sich wie Sand im Meer von ganz alleine, weil der Bruder vom Franz irgendwann seine eigenen Wege ging und nach Amerika auswanderte.

Der Fleischermeister war angekommen, doch zunächst musste er am
Pfarrhaus vorbei zur drei Straßen weiter liegenden Tankstelle, um später seinen Opel-Opa retten zu können.

Dort traut er seinen Augen kaum, denn der Inhaber ist ein alter Bekannter vom Hans, der ihn früher einmal nach einer Reifenpanne
auf seinem Trekker mitfahren ließ.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Mo Jul 12, 2010 3:08 am    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

"Na ich glaubs ja nicht, der Hans", Felix wischt sich wie früher schon an heißen Tagen mit der Innenseite seiner Hemdmanschette über den Dreitagebart in seinem noch immer hübschen und braungebrannten Gesicht.
Rein äußerlich hatte er sich kaum verändert.
Die Haare sind etwas lichter und farblich abgestimmt aufs Alter und die Augen, schmal wie Schlitze bei jedem verschmitzten Lächeln, schauen Hans wie eh und je ehrlich entgegen.

Der lange, schlacksige Felix setzt sein breitestes Lächeln auf bei all den Lobesworten von seinem alten Kumpel Hans.
Beide können es noch immer nicht recht glauben, sich gegenüber zu stehen.
"Du hast dich aber auch kaum verändert, bist nur ein Stückchen kleiner geworden oder ich wohl größer. Sind die Beine wieder ganz intakt oder hast du noch immer ein Problem damit?"

Man könnte meinen, ganze zehn Kilometer waren für Beide in den zurück liegenden Jahren ein unüberwindbares Hindernis für eine frühere Begegnung.
Aber in den ländlichen Gegenden ist es keine Seltenheit, sich länger auch bei kurzen Entfernungen nicht über den Weg zu laufen.

Hans schaut an seinen nicht sehr langen Beinen hinunter auf die Pantinen an seinen Füßen. Früher hatte er das rechte Bein über einen längeren Zeitraum etwas nachziehen müssen. Eine Folge des Unfalls mit dem Motorroller, welcher noch ganz lange hier in Feldkannwarten zum Stammtischgespräch gehörte.

"Nein, das hat sich wunderbar gegeben, auch wenn der Heilungsprozess sehr lange dauerte."
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Fr Jul 16, 2010 7:59 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Während Felix den Kanister füllt, erzählt er Hans von seinem Schicksal. Als Landwirt und er war ein stolzer Bauer hatte es ihn zweimal schwer getroffen. Erst die Sache mit der BSE - dem Rinderwahn und später noch die Schweinepest. Viel blieb ihm nicht. Die Notschlachtung war zu umfangreich und erholt hat er sich danach nicht mehr so richtig.

Die Tankstelle bot sich ihm an und er griff zu. Als Optimist sieht er es heute gelassener und fühlt sich wieder wohl in seiner Arbeit.

"Du hattest es ja auch nicht einfach nach diesem Unfall."

Hans hatte während des Erzählens genau daran denken müssen. Sein rechtes Bein war mehrfach gebrochen und was das Schlimmste für ihn war, er konnte nur noch einseitig hören. Seinen erlernten Traumberuf konnte er nicht mehr weiter ausüben und so ist er heute ein Metzger mit ordentlichem Meisterbrief.

Geduldig hatte auch er sich seinem Schicksal ergeben, nur das Gewissen plagte ihn noch viele Jahre danach. Nie konnte er darüber reden, nie erklären, warum seine Ehe kinderlos blieb.
Und Hermiene fügte sich bedingungslos auch ihrem Schicksal, dafür war er ihr immer dankbar.

Sie waren jung und ungezähmt wie alle jungen Menschen, der Stammtisch oft ein 'Ritual'. Ein Bier zu viel und die regennasse glatte Heimfahrt mit der freudigen Erwartung im Sinn auf seines Mädchens angekündigte Überraschung.

Wie sollte er später seinen Freunden erklären, dass dieser Abend im Wirtshaus die Wende zu einem anderen Leben danach für ihn und seine Verlobte war. Wie hätten sie geurteilt über Hermienes Entscheidung, den Motorroller gelenkt zu haben und über ihn als guten Freund.


"Bist du nur gekommen, um den Kanister aufzufüllen?" Felix reißt Hans unsanft aus seinen Gedanken. "Nein, nein aber zu mehr reicht die Zeit jetzt nicht aus. Meine Kunden werden mich schon vermissen. Das ist mir aber auch noch nie passiert."
Zu weiteren Erklärungen ist Hans nicht bereit und dankbar nimmt er die Hilfe seines alten Kumpels an, ihn zurück zu fahren zum Dauerbrenner.

Auf der Rückfahrt überspielt Hans seine Schweigsamkeit mit eifrigem Nicken auf vergangene nette Episoden, die Felix aus seinem Gedächtnis kramt.

In Wiesenburgen wird er zuerst von Gerber, Susi begrüßt.
Ihre Wohnung liegt im ersten Stock des Miethauses vis-a-vis dem Fleischerladen und natürlich weiß sie, welche Kunden kopfschüttelnd das Schildchen an der Ladentür gelesen hatten.
Sie weiß auch sonst ganz gut über alles Bescheid, schließlich besteht ihr Tagesablauf fast ausschließlich daraus, die Straße zwischen Hanses Laden und ihrem Fenstersims auf und ab zu schauen.

Manchmal traut sie sich noch vor die Haustür und schwatzt mit den Leuten, die auch nicht viel mehr zu tun haben.
Über die Straße traut sie sich nicht mehr und mit siebenundachtzig Jahren muss sie das auch nicht wie sie immer meint.
Vom Fleischerladen bekommt sie trotzdem alles, was sie möchte und das frei Haus.
Die betagte Alte ist nett, weiß viel und für jeden Tratsch im Ort die beste Ansprechpartnerin.


Zum Ladenschluss steht die Dame aus dem Zweiergespann oder Tochter von Amanda vor der Tür. Hans wollte gerade abschließen als er sie, etwas unbeholfener als sonst, verwundert dort stehen sieht.


Zuletzt bearbeitet von southpool am So Aug 01, 2010 5:25 pm, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Di Jul 27, 2010 6:11 pm    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

"Haben wir noch etwas vergessen? Ein Paar Wiesenburger hätte ich noch für die Abschiedsparty von Frau Mama. Oder wie kann ich sonst helfen?"
Hilfsbereit war Hans schon immer, auch wenn die Öffnungszeiten dadurch öfter überschritten waren.
Auf diese Weise bekommt auch Gerber, Susi ihr Abendbrot.
Meistens ergänzt sie noch ihren Wunschzettel und ruft die Zusatzwünsche einfach über die Straße.
Das ist bei Fleischermeister Hans alles kein Problem.
Früher brachte Hermiene die Wünsche der alten Dame, lange Zeit macht er es nun schon.

Sein Gegenüber schaut auf ihre Schuhspitzen und ihm kommt es vor, als sei noch mehr Farbe in ihr Gesicht geschossen.
"Ein Paar Wiesenburger würde ich schon noch nehmen aber nicht für eine Abschiedsparty.
Ich habe da wohl heute morgen ein wenig voreilig reagiert."

Hans sieht ihr verwundert und schweigend in die auf mildernde Umstände hoffenden Augen.

"Ich bin eigentlich nur noch einmal gekommen, um etwas richtigzustellen.
Amanda möchte schon seit längerer Zeit an das Gymnasium in der Stadt überwechseln.
Bisher hatte sie mit ihrem Wunsch keinen Erfolg. Die Planstellen werden zentral vergeben und sie stand immer auf einer Warteliste.
Jetzt endlich scheint Bewegung in diese Sache zu kommen. Zumindest kann sie vorstellig werden und darüber freut sie sich schon sehr.

Im Falle eines Falles würde sie natürlich Wiesenburgen verlassen müssen, denn der Arbeitsweg wäre anders nicht denkbar."

"Also dann doch eine Abschiedsparty in absehbarer Zeit."
Hans schmunzelt nun.

"Nicht noch einmal möchte ich in dieser Sache vorgreifen." Sie lächelt zurück, wohl mehr aus Erleichterung, es endlich hinter sich gebracht zu haben.

"Wir werden sehen, sprach der Blinde. Und soll ich nun das Paar Würstel einpacken?"
"Ja bitte, wenn es keine Umstände bereitet und Frau Gerber nicht verhungert."
Ihr Blick ruht auf seinen so ganz und gar nicht dicken Wurstfingern.
Einem Piano-Spieler würde sie diese Hände eher zuordnen.

Höflich dankend wie er es von den beiden Damen immer gewöhnt ist, verabschiedet sie sich von ihm und Beide verlassen gemeinsam den Laden.

"Bringst mir noch ein Würstel mit rüber, Jungchen?"
Hans winkt ab, zurückschreien möchte er nicht.
Gerber, Susi wird gleich wissen, dass nun aus die Maus ist mit den Wiesenburgern.

Das Jungchen hat Hans ihr schon vor Jahren verziehen aus Rücksicht auf ihr Alter.


Zuletzt bearbeitet von southpool am So Aug 01, 2010 5:27 pm, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Do Jul 29, 2010 12:52 pm    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

Hans schläft unruhig in dieser Nacht. Seine innere Uhr wacht nicht wie sonst über einen erholsamen Schlaf.
Wir werden sehen, sprach der Blinde geht ihn immer wieder durch den Kopf.

Was wäre, wenn Amanda wirklich in die Stadt zieht?
Und in welche Stadt überhaupt?
Ist es die nahe gelegene oder eine weiter entfernt liegende?
Wie müsste er sich entscheiden, wenn sie ihn auch mehr wie mögen würde?
Wäre es das endgültige AUS für seinen Metzgerladen?
Vielleicht aber irrte er sich gewaltig mit der Annahme, Amanda könnte mit ihm glücklich werden.

Seltsam, Hermiene war plötzlich so ins Jenseits geglitten, erschreckend weit weg von seinen Gedanken.

Und obwohl ein Sonntag, hält es den Hans nicht mehr länger wie bis 4.30 Uhr im Bett.
Er hat sich viel für diesen Tag vorgenommen. Der Kanister ist noch randvoll und in Feldkannwarten wird er heute hoffentlich auf Amandas Mutterrolle eine gute Anwort finden.
Heute muss es gelingen, den Franz Framinicht aufzusuchen und dann werden wir wirklich sehend sein, denkt er sich.

Lange vor Feldkannwarten überraschen Hans die blauen Rundumleuchten zweier das Weiterfahren verhindernde Polizeifahrzeuge.
Er wird aufgefordert, sich auszuweisen. Auch die Fahrzeugpapiere werden kontrolliert.
Auf seine Fragen während der höflich geforderten Öffnung seines Kofferraumes bekommt Hans keine Antworten.
Nach der erfolgten Überprüfung wird er zum Weiterfahren aufgefordert.
Zuvor musste er noch genaue Angaben über den Grund seines Kommens und seinen Bestimmungsort machen.

Das Pfarrhaus liegt noch vor der Tankstelle, so dass sich Hans nicht veranlasst sah, den gleichzeitig geplanten Wiederholungsbesuch beim Felix zu erwähnen.

Rund um die Kirche ist noch alles ziemlich still. Der Gottesdienst beginnt erst in zwei Stunden, dennoch kann sich Hans nicht erklären, warum der Gunner vom Gemüseladen des Ortes mit einer dicken weißen Kerze unter seinem Arm eiligst aus der Kirche kommt und in Richtung Ortskern läuft.

Auch den Franz findet er nicht, obwohl der sich doch früher immer lange vor seiner Predigt darauf einstellte.
Bis auf ein paar weitere Ortsbewohner auf dem Weg in Richtung Zentrum ist es totenstill in Feldkannwarten, fast unheimlich still.

Wie alle Menschen packt Hans nun die Neugierde und so entschließt er sich, den Bewohnern langsam zu folgen.
Der Weg führt in Richtung Tankstelle und mit Sicht auf diese öffnet sich ihm ein Bild des Schreckens.
Die Tankstelle selbst ist abgesperrt und von Polizisten umstellt.
Vor der Tür erkennt Hans dennoch die mit weißer Kreide markierten menschlichen Umrisse und einen großen dunklen Fleck auf dem Beton.

Unweit der angrenzenden Waschstraßenfront entdeckt der Metzgermeister ein riesiges Lichtermeer aus weißen und roten Kerzen aller Art und Größe und viele Menschen, die betroffen dort Anteil nehmen. Laufend werden Blumen und Karten, Briefe sowie beschriebene Zettel abgelegt.

Hans steht regungs- und fassungslos vor allem.

Am liebsten würde er jetzt den Felix befragen, doch der wird wohl im Augenblick mit den Beamten wichtigeres zu klären haben, denkt er sich.


Zuletzt bearbeitet von southpool am Do Feb 24, 2011 7:29 pm, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: So Aug 01, 2010 7:47 pm    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

Hans kann sich aus der Starre, die ihn beim Anblick der Tankstelle befiel, langsam wieder befreien.
Behutsam lenkt er seine Schritte in Richtung der vielen Gesichter, die Ehrfurcht vor dem Tod und unendliche Trauer zum Ausdruck bringen.
Einige Ortsbewohner stehen in Gruppen und aus den Wort- und Satzfetzen ihrer Diskussionen kann Hans Hilflosigkeit, Entsetzen und auch Wut über das Geschehene heraushören.

Plötzlich löst sich einer aus der Menge und kommt auf ihn zu. Hans erkennt den fast zwei Meter großen Ulf sofort.


In ihrer Jugendzeit wurde der nicht nur große sondern auch stämmige Ulf oft, auch vom schon damals geachteten Felix, verspottet wegen seiner auffallend abstehenden Ohren, dem etwas rötlichen Haar und der ewigen Besserwisserei.
In der Schulzeit soll er ein Streber gewesen sein.

Aber das alles war früher und längst Geschichte, denn heute ist Ulf der Bürgermeister von Feldkannwarten und ein geachteter Mann.


Ulf reicht Hans die Hand. „Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für einen Besuch. So eine Tragik.“ Hans sieht in ein Paar traurig blickende und auch feuchte Augen.
„Schön, dich mal wieder zu sehen aber unter diesen Umständen…….“ Seine Stimme klingt gebrochen, sehr leise und unsicher. „Oder warst du auf der Durchfahrt? Der Felix hätte sich ganz sicher…….“ Und wieder versagt seine Stimme und das hinterlässt beim Hans den Eindruck, dass Ulf nach den richtigen Worten suchen muss.

„Was ist denn so richtig passiert oder weiß man noch nicht recht….?“ Auch Hans muss nach Worten suchen und so schaut er Ulf nur noch fragend an.

„Heute in den frühen Morgenstunden, es sollen wohl zwei gewesen sein, und das alles wegen der paar Kröten, `nen paar Weinbrandflaschen vielleicht noch und Zigaretten. Genau weiß man das natürlich noch nicht. Der Mitarbeiter ist noch am Zählen.
Das ist unfassbar, das hat der Felix nicht verdient. So was verdient keiner. Und er hatte die Sache mit der Tankstelle so gut im Griff. Alle hier sind fassungslos und viele können es noch immer nicht richtig glauben.
Was ist das nur für eine verdammte Welt?! So etwas Schweres gab es bei uns noch nie.“

„Der Felix, sagst du, ist er etwa derjenige, welcher …..?“ „Ja, jede Hilfe kam zu spät. Der Gunner hat sein möglichstes getan. Er war der Erste und wird noch lange brauchen, bis er das alles …..!“ Ulf schluckt, am liebsten würde er weinen wie Hans es früher oft bei ihm beobachtet hatte.

Hans versucht sich zu sammeln, denn er kann noch immer nicht glauben, dass es den Felix nicht mehr geben soll.
Auch er fühlt wie sich seine Augen langsam mit Tränen füllen wollen und kurz entschlossen tritt Hans an die vielen brennenden Kerzen heran.

Ganz unvermutet steht plötzlich der Franz neben ihn. Er reicht seinem langjährigen Freund eine mittelgroße weiße Kerze und Hans zeigt ihm mit einem kurzen Nicken wie dankbar er empfindet.


Zuletzt bearbeitet von southpool am Di Aug 03, 2010 2:39 am, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: So Aug 01, 2010 7:49 pm    Titel: Fortsetzung Lebenswut Antworten mit Zitat

Sie stehen noch lange schweigend nebeneinander und später folgt der Hans allen anderen zum Gottesdienst in die Kirche.

Das erste mal seit damals, dass Hans wieder in der Kirche einem Gottesdienst lauscht, der heute noch dazu ganz anders verläuft.
Franz spricht vom guten Miteinander, von einer Welt ohne Gewalt, von dem unsagbaren Leid, was über die Angehörigen und Freunde vom Felix so plötzlich gekommen ist und vom Felix selbst als gutes, treues, ehrliches und hilfsbereites Mitglied der Gemeinde.

Hans glaubt sich oft, ganz nahe eines starken Gefühlsausbruches zu stehen, in dem sich Wut, Angst und Hilflosigkeit abwechseln. Und er fühlt sich schlecht bei alledem. Wie gern würde er jetzt die Zeit bis zu seiner Kindheit im Freibad zurückspulen und noch einmal neu gestalten mit einem anderen Verlauf.

Auf seiner Heimfahrt legt Hans eine alte CD mit Erinnerungsstücken ein und ohne Rücksichtnahme auf seine einseitige Taubheit dreht er auf volle Lautstärke, um die Tränen während der Fahrt mit dem Auto zurück halten zu können.

Die friedhofstillen Nachmittagstunden bei Hermiene beruhigen nicht nur, hier findet
Hans auch Trost und er redet sich den ganzen Kummer von der kranken Seele.


„Hast du auch eine Kanne auf meinem Herbert gegossen, Jungchen?“
Natürlich hat er wie immer, wenn er bei Hermiene war.

„War wohl heute nicht ganz dein Tag?“ Gerber, Suse weiß, aufgrund ihrer schon lange gesammelten Lebenserfahrungen, wann der Zeitpunkt des Schweigens angebrachter ist als das Befriedigen der Neugierde.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Di Aug 24, 2010 1:29 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist still geworden in Feldkannwarten. Der Überfall auf die Tankstelle, den Felix mit seinem Leben bezahlen musste, sitzt vielen noch tief in den Knochen.

Viele Schauergeschichten rankten sich um den auf so grausame Weise ums Leben Gekommenen. Die zwei Tatverdächtigen werden wohl noch immer gesucht.

Felix sei, so hieß es in Presseberichten und Nachrichtensendern, in den frühen Morgenstunden zwischen 3.30 Uhr und 4.50 Uhr unter Vortäuschung eines Problems am Fahrzeug vor die Tür gelockt worden.
Und während der hilfsbereite Tankwart nach einer Lösung gesucht haben muss, wurde er heimtückisch von einem der Täter hinterrücks mit mehreren gewaltigen Schlägen auf seinen Kopf niedergestreckt.
Seine Schädeldecke soll mehrmals durchschlagen worden sein.

Ein schwerer Gegenstand, den wohl einer der Täter unter seiner Jacke verborgen hielt, soll die Ursache für den zertrümmerten Schädel vom Felix gewesen sein und der Tankwart hätte wohl noch minutenlang mit dem Tod gerungen.
Hilfe konnte er sich nicht mehr holen und wer tankt schon in Feldkannwarten um diese Zeit.

Der Gunner war der Erste, der den Felix so fand. Er ging schon oft frühmorgens zu ihm frühstücken, um der allgemeinen Einsamkeit an den Sonntagen ein wenig zu entfliehen.

Die gezeigten Bilder der Überwachungskameras brachten noch nicht den gewünschten Erfolg und lieferten auch nur wenige, brauchbare Hinweise.

Hans fühlte sich noch tagelang schlecht und sein Gewissen plagte ihn sehr.
Er hätte längst den nicht allzu weiten Weg zu seinen alten Freunden finden müssen und so hätte er auch längst gewusst, dass der Felix eine Familie gegründet hatte und sich ein mittlerweile stattlicher Mann sein Sohn nennt.

Vom Bürgermeister Ulf erfuhr Hans auch, dass der Sohn vom Felix mit seiner eigenen Familie im Ausland arbeiten und leben soll und dass es daher auch keine Beerdigung des Vaters in Feldkannwarten geben würde.

Hans findet das noch immer schade, denn er hätte seinem alten Kumpel Felix von Herzen gern die letzte Ehre erwiesen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: So Aug 29, 2010 5:14 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Auch in Wiesenburgen ist Stille eingetreten. Der Sommer neigt sich seinem Ende zu und erste Boten des Herbstes stellen sich ein.
Hans wurstelt weiterhin für sich, allerdings mit einer neuen Errungenschaft in seiner Hosentasche – dem Hosentaschentelefon wie er es bezeichnet.

Eines Morgens stand ein Fremder in seinem Laden, etwas ungepflegt für diese Tageszeit und auch unschlüssig mit seinem Anliegen.
Hans fühlte sich mit dem Mann allein im Laden sehr unwohl, denn der Tankstellenüberfall war noch immer unaufgeklärt und nicht nur er auch viele andere umliegende Bewohner waren Fremden gegenüber misstrauischer geworden als sonst.

Diese Situation gab den Anlass zum Nachdenken über die Anschaffung eines Handys.
Hans konnte sich mit modernster Technik schon immer nur schwer anfreunden und mit zunehmendem Alter wurde dies noch schwieriger.
Im Nachhinein ist er jedoch sehr erleichtert über seine Überwindungskraftanstrengungen und genießt so nach und nach den Vorteil eines solchen Hosentaschentelefons.

Vieles hatte sich in den letzten Wochen und Monaten um Hans herum verändert.

Mit der letzten Wurstelstange im Verkaufsraum begrüßt er frühmorgens nun schon seit dem Ende der Schulferien andere erste Kunden aus Wiesenburgen.
Eine Verabschiedung von Amanda gab es nicht, denn sie kam einfach eines Tages nicht mehr wie gewohnt und ihr Schatten oder Tochter wie auch immer verhielt sich während des letzten Einkaufes ihm gegenüber sehr befremdet und mit einem kühlen Abstand.
So wagte er es nicht, nach Amanda zu fragen und erfuhr auch erst viel später von ihrem Schulwechsel und dem nun geplanten Umzug in die Stadt.

Seine Gedanken erarbeiten in mühevoller Kleinarbeit erste Entwürfe zur wieder Annäherung
an seine privaten schon seit längerer Zeit im Archiv gelandeten Pläne.
Seine Gefühle für Amanda haben sich nicht geändert. Ihnen ist Hansi sehr treu geblieben.

Sein eigentliches Vorhaben schon vor vielen Wochen, dem Pfarrer Franz eine wichtige Frage zu stellen, musste er aufgrund der sich zugetragenen Ereignisse zurückstellen aber es ist nicht aufgehoben sondern nur aufgeschoben wie er zu denken pflegt.

Wenn der Metzgermeister abends seinen Laden abschließt, wartet er noch immer auf einen Zuruf von Gerber, Susi und in Gedanken hört er oft noch das „Jungchen bring mal noch…..“.
Wie gerne würde er es wie eh und je weiterhin für sie tun, doch mit dem zu Ende gehenden Sommer ging auch Susis Leben dem Ende zu.

Eines Tages waren die Fenster der alten Gerber geschlossen und man sah sie nie wieder.
Inzwischen waren die Schleicherben am Werk, die keiner je gesehen hatte und Hans und viele andere von Wiesenburgen gießen nun abwechselnd die Kanne auf Herbert und Susi.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Fr Sep 10, 2010 10:48 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Mit den ersten kühlen und regennassen Herbstwochen schleicht sich auch immer mehr die unendliche Einsamkeit mitten ins Herz des Metzgermeisters.

Bisher vergingen die Jahre ohne Hermiene rasend schnell. Jedem sich rasch entwickelten Frühling als Vorbote der Geburt von organischen Leben folgte ein mehr oder minder üppiger Sommer, der das Herz so richtig erwärmen konnte und durch die Eröffnung vieler Möglichkeiten an Aktivitäten in freier Natur der Einsamkeit den Nährboden rechtzeitig entzog.
Die immer kürzer werdenden und überwiegend hässlichen Herbsttage hingegen sorgten sehr schnell für wiederkehrende Stimmungsschwankungen, denen Hans aber eisern entgegenhielt.

Meist vertrieb er heran ziehende Gewitterwolken mit einem seiner vielen noch nicht gelesenen Bücher. Seine Freizeit an den Wochentagen war knapp bemessen, so dass die Gefahr, in tiefe Depressionen zu stürzen, kaum bestand.

Von Amanda wurde noch immer nichts Neues berichtet. Sie war von heute auf morgen einfach nicht mehr da, so wie auch die alte Gerber, Susi.
Während Hans tagelang darüber nachsann wie er den Anschluss an Amandas Leben wieder herstellen könnte, erhielt er eines Tages einen lieben Kartengruß vom Zweiergespann aus der nahe gelegenen Stadt.
Seine Freude sprengte alle trüben Herbsttage zusammen und sein Herz erlebte eine ganze Sinfonie in den klangvollsten Tönen.
Amanda schrieb, dass sie die `Wiesenburger´ sehr vermisst und überhaupt ganz Wiesenburgen.
Es ginge ihr sehr gut und ihre neuen Schülerinnen und Schüler hätten sie herzlich angenommen.
Natürlich hatte Hans die Adressdaten im Absender längst gesichtet und die Lärchengasse 13 brannte sich ihm fest in sein Gedächtnis. Nie wieder würde er diese Gasse vergessen können.

Amanda schrieb auch, dass ihre neue Umgebung für sie und Milla-Charlotte gewöhnungsbedürftig sei aber auch, dass sie sich beide recht gut eingelebt hätten.

„Aha“ rutschte dem Metzgermeister da aus der Kehle. Also Milla-Charlotte heißt der Schatten Amandas. Nie zuvor hatte er diesen Namen, auch zu Hermienes Zeiten nicht, in den kurzen Morgengesprächen gehört.
Seine Gedanken entglitten genau in jene Morgenbegrüßungen und die immer darauf folgenden netten Konversationen mit den beiden Damen.

Amanda schrieb ganz zum Schluss in ihrer schönen Schulschrift, dass sie es begrüßen würde, wenn er, der Hans und Metzgermeister, Zeit finden könnte und Lust hätte, um sich mit den beiden Damen zu einem gemütlichen Plausch in einem Cafe in der Stadt zu treffen.
Im P.S. las er Vorfreude auf ein paar von ihm zum gemeinsamen Treff mitgebrachte Wiesenburger, deren Geschmack dem Zweiergespann noch immer auf der Zunge liegen würde.

Mit wem sollte Hans sich sonst austauschen als mit Hermiene während einer Kanne Gießwasser ob er oder ob er lieber nicht …… .
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: Sa Sep 25, 2010 8:16 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Nachdem Hans sein Gewissen Hermiene gegenüber ordentlich hat beruhigen können und er nun der vollsten Überzeugung ist, alles Neue und Zukünftige würde auch ihr gefallen, schlendert er frohen Herzens den Abendrot entgegen.

Vis-a-vis dem Fleischerladen ist neues Leben eingezogen und dort, wo jetzt Gerber, Susi ihn begrüßen würde, fliegen gerade die übelsten Wortfetzen durch die Zimmerluft hinaus auf die Straße und auch an Hansis hörendes Ohr.
Dieser Krawall zwischenmenschlicher Beziehungen erinnert ihn sehr stark an sein eigenes junges Liebesglück.
Auch da flogen manchmal gehörig die Fetzen aber eine schnelle Versöhnung war immer recht bald wieder in Aussicht gestellt. Hermiene als auch er konnten einfach nicht lange miteinander schmollen und mit den Jahren wussten beide voneinander, was dem anderen gut tat.

Mit einem Schmunzeln im Gesicht schließt Hans sein Küchenfenster und lässt gemütlich den Abend ausklingen.

Der nächste Morgen wird zu einem der bisher eher seltenen Katastrophentage in Hansis Leben.

Als er die Treppe hinuntergeht zum Arbeitsraum des Fleischerladens flimmern die Bodenkacheln regenbogenfarben in den noch recht frühen Tag.

Land unter in der Metzgerei.

„Ach du liebe Orgelpfeife.“ Hans bleibt dennoch recht besonnen und schätzt die Höhe des Wasserstandes von der Kellertreppe aus.
Die Verständigung der Ortsfeuerwehr bringt ihn nicht viel weiter, denn alle verfügbaren Kräfte sind schon seit einigen Stunden im Einsatz.
Er trifft die notwendigen Vorkehrungen zur Schadensbegrenzung, klemmt den Strom ab und bereitet das Schildchen für die Ladentür vor, denn für heute und morgen ist aus hygienischen Gründen die weitere Wurst- und Fleischzubereitung undenkbar geworden und vielleicht auch noch für weitere Tage und Wochen.

Der Grundwasserspiegel ist in den letzten Jahren kontinuierlich um einige Zentimeter gestiegen, die Ursachen dafür werden in der fortschreitenden Schmelze am Nordpol, die Jahr für Jahr immer größer werdende Flächen eisfrei legt, vermutet.
Und die in der vergangenen Nacht eingesetzten sinnflutartigen Regenfälle vervollständigten das Ausmaß der Grundwasserspiegelerhöhung mit Überschwemmungen und Kellerüberflutungen in und um Wiesenburgen.

Der Fleischermeister Hans sieht den kommenden Tagen gelassen entgegen, denn er hat seine Existenz genügend abgesichert, auch für diese Fälle.
Ebenso könnte er es gut verkraften, sollte er seinen Laden für mehrere Tage geschlossen halten müssen.
Nur die Untätigkeit würde ihn wohl sehr zu schaffen machen, denn einen Hans ohne Beschäftigung gibt es nicht und wäre nur schwer vorstellbar.

Aber dem Meister nicht nur für das Metzgerhandwerk kommt da spontan ein verwegener Plan in den Sinn. Wie wäre es z.B. mit dem Treff in der Stadt oder dem nur aufgeschobenen Besuch beim Franz Framinicht. Ihm wollte Hans doch schon vor längerer Zeit eine ganz wichtige Frage stellen.


Zuletzt bearbeitet von southpool am So Sep 26, 2010 5:42 pm, insgesamt einmal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
southpool
entdeckend


Anmeldedatum: 12.03.2010
Beiträge: 1857

BeitragVerfasst am: So Sep 26, 2010 3:44 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Hans hat nun ein ernstzunehmendes Problem mit seinem Fleischerladen bekommen. Der tagelange Regen hat den Grundwasserspiegel so sehr angehoben, dass diese Tatsache die Behebung der Wasserschäden im Arbeitsraum der Fleischerei für die nächsten Tage und vielleicht auch noch Wochen unmöglich macht.
Hinzu kommt noch, dass er der einzige Metzgermeister des Ortes ist und die Einwohner von Wiesenburgen nun gezwungen sind, im nächst gelegenen Ort Feldkannwarten ihren Eigenbedarf an Fleisch und Wurst abzudecken.
Doch nicht jede Familie des Ortes ist in der Lage, den 10-km-Weg auf sich zu nehmen.

An ein öffentliches Verkehrsnetz sind beide Ortschaften nicht angeschlossen und in der eiligst dazu ins Leben gerufenen Bürgerversammlung liegen auch diese Probleme offen auf dem Tisch.
Der Bürgermeister von Wiesenburgen ist sehr bemüht, um eine dringende Lösung dafür zu finden.
Hans, der nun sowieso in einer Warteschleife hängt, bietet den Bürgern seines Örtchens einen Sammeltransporteinkauf mit seinem Pkw an. Doch der Dauerbrenner kann nicht die Endlösung sein.
Nun wird auch nach und nach von anderen Bürgern Hilfe in dieser Richtung angeboten, die man ebenso dankend entgegennimmt.

Der Meister der ortsansässigen Tischlerei besitzt einen Kleinbus, aus dem er die unnötigen Sitze herausmontiert hat, um seine Arbeitsmaterialien besser transportieren zu können.
Er erklärt sich bereit, eine Fahrgemeinschaft einzurichten, die es ermöglicht, wenigstens zweimal pro Tag die Versorgung mit diesen Nahrungsmitteln abzusichern.
Auch dieser Vorschlag wird dankend angenommen und somit müsste der allgemeine Haushaltsbedarf abzudecken sein.

Hans ist durch die Einkaufsfahrten mit seinem Opel-Opa nun wieder ausreichend beschäftigt und die Bestelllisten seiner Kunden sind nicht unkompliziert. Meistens wird eine Alternative zu seinen `Wiesenburgern´ und Pökelschinken gesucht.
In Feldkannwarten lächeln die Verkäuferinnen jedes mal wieder über den Eigensinn der Wiesenburgener.
Auch sonst funktioniert alles reibungslos dank der Mithilfe aus der Bevölkerung.

Milla-Charlotte schaute zwischendurch auf einen Sprung beim Fleischermeister vorbei. Durch die Berichte in den Medien hatte sie von den Wasserproblemen gelesen und auch sie bot ihre Hilfe an. Sie half mit, die Bestellwünsche der älteren Menschen entgegenzunehmen und auch sonst packte sie tatkräftig mit an, um die Sorgen und Nöte einzelner zu lindern.

Wie sie Hans erzählte, ist sie ehrenamtlich im Sozialdienst tätig und durch den Mitumzug an Möglichkeiten für größere Betätigungsfelder auf diesem Gebiet gekommen.

Über die herzlichen Grüße von Amanda hat er sich natürlich riesig gefreut und durch die nun wieder häufigere Anwesenheit von Milla wird es gut möglich sein, einen Zeitpunkt für ein Treffen mit den Beiden zu finden.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    50plus Forum - Liebe & Partnerschaft, Hobby, Reisen, Witze, Geschichten, Regional, Klatsch und Tratsch Foren-Übersicht -> Mitglieder schreiben Geschichte(n) Alle Zeiten sind GMT
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9  Weiter
Seite 2 von 9

 
Gehe zu:  
Sie können keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Sie können auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Sie können Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie können an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.