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Gast






BeitragVerfasst am: Fr Nov 06, 2015 10:56 am    Titel: Antworten mit Zitat

Muss lachen, denn ich "höre" wie du sagst: "Da muss man aber erst einmal hinkommen" Laughing Ja, Sprüchlein sind schnell geschrieben. Das Leben mischt meist anders die Karten. Gehen wir es an.

HERBST

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.

Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.

Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.

-Rainer Maria Rilke-
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Gast






BeitragVerfasst am: So Nov 08, 2015 1:58 pm    Titel: Antworten mit Zitat




Zeit zum Themenwechsel. Ein paar Gedichte über den Neid; aus aktuellem Anlass und privat kann ich mir das Lachen nicht verkneifen Very Happy


Man muß sich vor dem Neide hüten:
Er ist ein schlimmes Perspectiv;
Das Fremde scheint dir groß und herrlich,
Das Eig'ne winzig klein und schief.
Und von dem heißen gierigen Schauen
Schwächt sich dein Auge mit der Zeit:
Dein schönstes Glück zerrinnt im Nebel
Gehässiger Unzufriedenheit.

Verfasser unbekannt

Quelle: Aus den Fliegenden Blättern, humoristisch-satirische Zeitschrift. Ersch. 1845-1928 bei Braun & Schneider, München
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JSonne
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BeitragVerfasst am: So Nov 08, 2015 2:14 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Und grämt dich, Edler, noch ein Wort
Der kleinen Neidgesellen?
Der hohe Mond, er leuchtet dort,
Und läßt die Hunde bellen,
Und schweigt und wandelt ruhig fort,
Was Nacht ist, aufzuhellen.

Johann Gottfried von Herder (1744 - 1803)


warum also Neid? Oder ist es so, dass das Glück immer gerade dort ist, wo man sich selbst nicht aufhält?
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Gast






BeitragVerfasst am: Mi Nov 11, 2015 10:22 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Du bist wieder zurück JSonne und zum Frühstück (oder wenn du in der Nacht wach wirst) bekommst du etwas zum schmunzeln von mir:

Arm Kräutchen

Ein Sauerampfer auf dem Damm
stand zwischen Bahngeleisen,
machte vor jedem D-Zug stramm,
sah viele Menschen reisen.

Und stand verstaubt und schluckte Qualm,
schwindsüchtig und verloren,
ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
mit Augen, Herz und Ohren.

Sah Züge schwinden, Züge nahen.
Der arme Sauerampfer
sah Eisenbahn um Eisenbahn,
sah niemals einen Dampfer.

Joachim Ringelnatz
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JSonne
entdeckend


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Beiträge: 1056

BeitragVerfasst am: Do Nov 12, 2015 12:55 am    Titel: Antworten mit Zitat

ich finde nicht dass der Sauerampfer arm dran ist - schliesslich behauptet er sich - auch im Qualm! Und was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker......

Glas zerschellt in tausend Scherben,
Doch das Eisen wird zu Stahl,
Wenn darauf herniederfallen
Hammerstreiche ohne Zahl.

Auch das Schicksal ist ein Hammer
Und sein Schlag ist wuchtig schwer,
Macht zu hartem Stahl das Eisen,
Doch das Glas zerschmettert er.

Verfasser unbekannt

Ich wünsche Dir eine friedliche Nacht Lessy - mit ausreichend Schlaf.....
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JuliaVerona
entdeckend


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Beiträge: 193

BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 5:00 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Joachim Ringelnatz ist herrlich...

Aus meiner Kinderzeit

Vaterglückchen, Mutterschößchen,
Kinderstübchen, trautes Heim,
Knusperhexlein, Tante Rös’chen
Kuchen schmeckt wie Fliegenleim.

Wenn ich in die Stube speie
Lacht mein Bruder wie ein Schwein
Wenn er lacht, haut meine Schwester,
Wenn sie haut, weint Mütterlein.

Wenn die weint, muß Vater fluchen.
Wenn er flucht, trinkt Tante Wein
Trinkt sie Wein, schenkt sie mir Kuchen:
Wenn ich Kuchen kriege, muß ich spein.
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Gast






BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 5:20 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Nicht sauer sein, wenn ich zu Gedichten nix schreibe, bin ein Gedichtbanause, sorry.

Das einzige Gedicht, was mich mal berührt hat, war der Zauberlehrling von Goethe. Wink
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JuliaVerona
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Beiträge: 193

BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 5:43 pm    Titel: Antworten mit Zitat

frescheRuebe
Du schreibst, daß Du nix schreibst... das finde ich toll Laughing
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Gast






BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 5:45 pm    Titel: Antworten mit Zitat

@frecheRuebe, den Thread hab ich nicht nur für diejenigen die hier Gedichte vorstellen eröffnet. Nur lesen ist absolut OK. Aber du bringst mich mit Goethe auf eine Idee; wie gefällt dir das hier? Wie meist bei ihm: Passend in die heutige Zeit und manchmal Tagesaktuell!


Die Ballade, übersetzt in modernes Deutsch, mit Reimschema

Selbstüberschätzung und Machtgier
a | Hat der alte Hexenmeister
b | sich doch einmal wegbegeben!
a | Und nun sollen seine Geister
b | auch nach meinem Willen leben.
c | Seine Wort und Werke
d | merkt ich und den Brauch,
c | und mit Geistesstärke
d | tu ich Wunder auch.

Endlich ist mein (Magie-)Lehrmeister einmal weg.
Die Gelegenheit will ich nutzen, um Geister zu beschwören, die für mich arbeiten.
Zum Glück habe ich mir die nötigen Zaubersprüche und das notwendige Vorgehen beim Zaubern gemerkt.
Zusammen mit meiner Intelligenz und meinen Fähigkeiten werde ich Wunder vollbringen!

e | Walle! walle
f | manche Strecke,
f | daß, zum Zwecke,
g | Wasser fließe
e | und mit reichem, vollem Schwalle
g | zu dem Bade sich ergieße.

Geh', geh' los!
Egal wohin, egal wie weit,
nur eines sollst du tun:
Bring' mir Wasser
und gieß' es in die Wanne (zum Baden)!

Die Tat
a | Und nun komm, du alter Besen!
b | Nimm die schlechten Lumpenhüllen;
a | bist schon lange Knecht gewesen:
b | nun erfülle meinen Willen!
c | Auf zwei Beinen stehe,
d | oben sei ein Kopf,
c | eile nun und gehe
d | mit dem Wassertopf!

Komm her, Besen!
Ziehe die alten, verdreckten Kleider an,
denn du bist ohnehin schon lang genug ein Diener gewesen.
Heute jedoch, heute wirst du meinen Willen erfüllen!
Heute wirst du auf zwei Beinen stehen,
und sollst, wie ein Mensch, einen Kopf haben.
Nun gehe los, beeile dich,
doch vergiss den (Wasser-)Eimer nicht!

e | Walle! walle
f | manche Strecke,
f | daß, zum Zwecke,
g | Wasser fließe
e | und mit reichem, vollem Schwalle
g | zu dem Bade sich ergieße.

Geh', geh' los!
Egal wohin, egal wie weit,
nur eines sollst du tun:
Bring' mir Wasser
und gieß' es in die Wanne (zum Baden)!

Machtrausch
a | Seht, er läuft zum Ufer nieder,
b | Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
a | und mit Blitzesschnelle wieder
b | ist er hier mit raschem Gusse.
c | Schon zum zweiten Male!
d | Wie das Becken schwillt!
c | Wie sich jede Schale
d | voll mit Wasser füllt!

Und tatsächlich: Es funktioniert, der Besen läuft zum Fluss,
jetzt ist er dort angekommen,
er ist blitzschnell, schon auf dem Weg zurück!
Und kaum ist das erste Wasser in der Wanne,
da kommt er schon mit neuem an!
Die Wanne füllt und füllt sich immer voller,
und nun schütt' er auch in jede Schale, jede Tasse,
das Wasser, voll bis an den Rand!

e | Stehe! stehe!
f | denn wir haben
f | deiner Gaben
g | vollgemessen! -
e | Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
g | Hab ich doch das Wort vergessen!

Steh, steh Besen!
Denn das Wasser,
das du gebracht hast,
ist bereits so viel, wie ich will!
Aber jetzt fällt es mir auf, oh nein, oh nein:
Ich den Zauberspruch vergessen!

Angst
a | Ach, das Wort, worauf am Ende
b | er das wird, was er gewesen.
a | Ach, er läuft und bringt behende!
b | Wärst du doch der alte Besen!
c | Immer neue Güsse
d | bringt er schnell herein,
c | Ach! und hundert Flüsse
d | stürzen auf mich ein.

Ich hab den Zauberspruch vergessen, der das alles stoppt,
der den Besen wieder zum echten, hölzernen Besen macht.
Jetzt läuft er weiter, bringt und bringt immer mehr Wasser.
Ach, wärst du doch nur wieder der alte Besen, alles wär' perfekt.
Wasser, immer mehr Wasser,
er bringt und bringt, blitzschnell,
Wasser, immer mehr Wasser. Ganze Flüsse,
ganze Meere, scheinen nun mich zu erdrücken!

e | Nein, nicht länger
f | kann ichs lassen:
f | Will ihn fassen.
g | Das ist Tücke!
e | Ach! nun wird mir immer bänger!
g | Welche Mine! welche Blicke!

So geht das nicht weiter,
so kann ich ihn nicht fortfahren lassen.
Ich will ihn fangen,
mit irgendeiner List.
Was soll ich nur tun? Es ist zum verzweifeln!
Wasser, überall ist nur noch Wasser...

Wut
a | O du Ausgeburt der Hölle!
b | Soll das ganze Haus ersaufen?
a | Seh ich über jede Schwelle
b | doch schon Wasserströme laufen.
c | Ein verruchter Besen,
d | der nicht hören will!
c | Stock, der du gewesen,
d | steh doch wieder still!

Verdammter Besen!
Willst du das ganze Haus unter Wasser setzen?
In allen Räumen, in allen Zimmer,
fließt es schon, fließt das Wasser!
Du verdammter Besen,
der nicht auf mich hört,
du dummes Stück Holz,
hör endlich auf!

e | Willst am Ende
f | gar nicht lassen?
f | Will dich fassen,
g | will dich halten
e | und das alte Holz behende
g | mit dem scharfen Beile spalten.

Willst du denn
gar nicht mehr aufhören?
Ich will dich fassen,
ich will dich halten,
und sobald wie möglich,
mit der Axt zerteilen.

Rettungsversuch, Hoffnung und Enttäuschung
a | Seht da kommt er schleppend wieder!
b | Wie ich mich nur auf dich werfe,
a | gleich, o Kobold, liegst du nieder;
b | krachend trifft die glatte Schärfe.
c | Wahrlich, brav getroffen!
d | Seht, er ist entzwei!
c | Und nun kann ich hoffen,
d | und ich atme frei!

Ah, da kommt er wieder, bringt neues Wasser,
nun werf' ich mich auf ihn, halt ihn fest,
halt ihm am Boden - du sollst dich noch wundern!
Jetzt trifft ihn meine Axt!
Ja, gut getroffen!
Schon ist der Besen zerteilt.
Jetzt kann ich wieder hoffen,
kann mich wieder besser fühlen.

e | Wehe! wehe!
f | Beide Teile
f | stehn in Eile
g | schon als Knechte
e | völlig fertig in die Höhe!
g | Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Oh nein, oh nein,
beide Besenteile
stehen wieder auf,
sind wieder neue Knechte,
bereit, neues Wasser herzuholen!
Geister, Götter, helft mir doch!

Neue Verzweiflung und Hilferuf
a | Und sie laufen! Naß und nässer
b | wirds im Saal und auf den Stufen.
a | Welch entsetzliches Gewässer!
b | Herr und Meister! hör mich rufen! -
c | Ach, da kommt der Meister!
d | Herr, die Not ist groß!
c | Die ich rief, die Geister
d | werd ich nun nicht los.

Jetzt laufen die Besen los. Schütten Wasser, immer mehr Wasser,
in den Saal und auf die Treppe. Nasser, immer nasser,
Oh, ich hasse dieses Wasser!
Mein Lehrmeister, wo bist du nur?
Ah, da kommt er ja!
(zum Meister:) Meister, ich weiß nicht mehr weiter.
Die Geister, die ich rief,
ich werd' sie nicht mehr los!

Lösung
e | "In die Ecke,
f | Besen, Besen!
f | Seids gewesen.
g | Denn als Geister
e | ruft euch nur zu diesem Zwecke,
g | erst hervor der alte Meister."

(Der Meister:) In die Ecke mit euch,
ihr Besen!
Werdet wieder, was ihr einmal wart.
Denn als Geister, als Diener,
zu diesem Zweck
darf euch nur der Meister selbst herbeirufen (und kein Lehrling)



3. Entstehung der Ballade

Die Ballade "Der Zauberlehrling" wurde von Goethe 1797 verfasst und wurde kurz darauf Teil des sogenannten "Musen-Almanachs", der von Friedrich Schiller herausgegeben wurde. Während dieser Zeit waren Schiller und Goethe eng befreundet und pflegten einen regen Briefverkehr.
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JuliaVerona
entdeckend


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Beiträge: 193

BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 5:53 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Ach ja die liebe Fritz (Schiller).. hat auch so manches wahre Wort geschrieben

Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus
Und drinnen waltet
Die züchtige Hausfrau,
Die Mutter der Kinder,
Und herrschet weise
Im häuslichen Kreise,
Und lehret die Mädchen
Und wehret den Knaben,
Und reget ohn Ende
Die fleißigen Hände...
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Gast






BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 6:07 pm    Titel: Antworten mit Zitat

JuliaVerona hat Folgendes geschrieben:
frescheRuebe
Du schreibst, daß Du nix schreibst... das finde ich toll Laughing

Es ist einfach unhöflich, noch nicht einmal zu schreiben, warum man sich nicht in einem Thread beteiligt, der viele bewegt, wo sich viel Mühe gemacht wird.

Keiner kann ja wissen, dass die Rübe ein Kulturbanause ist, so möchte ich wenigstens mein Fernbleiben erklären, was nichts mit Ignoranz oder Überheblichkeit zu tun hat.
Böse Zungen könnten mir das als ungebildet vorwerfen, aber jeder hat Bildung in bestimmten Bereichen, meine liegen anders gepolt.

Boah Lessy hast Du Dir Arbeit gemacht, das auseinander zu pflücken, alle Achtung!!!

Ach ja, noch ein Gedicht war mir haften geblieben, all die Jahre, hatte mich sehr berührt:

Kinderschuhe aus Lublin

Von all den Zeugen, die geladen,
vergess ich auch die Zeugen nicht.
Als sie in Reihn den Saal betraten,
erhob sich schweigend das Gericht.

Wir blickten auf die Kleinen nieder,
ein Zug zog paarweis durch den Saal.
Es war, als tönten Kinderlieder,
ganz leise, fern, wie ein Choral.

Es war ein langer bunter Reigen,
der durch den ganzen Saal sich schlang.
Und immer tiefer ward das Schweigen
bei diesem Gang und Kindersang.

Voran die Kleinsten von den Kleinen,
sie lernten jetzt erst richtig gehn
- auch Schuhchen können lachen, weinen -,
ward je ein solcher Zug gesehn?

Es tritt ein winzig Paar zur Seite,
um sich ein wenig auszuruhn,
und weiter zieht es in die Weite -
es war ein Zug von Kinderschuhn.

Man sieht, wie sie den Füßchen passten -
sie haben niemals weh getan,
und Händchen spielten mit den Quasten,
das Kind zog gern die Schuhchen an.

Ein Paar aus Samt, ein Paar aus Seiden,
und eines war bestickt sogar
mit Blumen, wie sie ziehn, die beiden,
sind sie ein schmuckes Hochzeitspaar.

Mit Bändchen, Schnallen und mit Spangen,
zwerghafte Wesen, federleicht -
und viel sind viel zu lang gegangen
und sind vom Regen durchgeweicht.

Man sieht die Mutter, auf den Armen
das Kind, vor einem Laden stehn:
"Die Schuhchen, die, die weichen, warmen,
ach Mutter, sind die Schuhchen schön!"

"Wie soll ich nur die Schuhchen zahlen.
Wo nehm das Geld ich dafür her...."
Es naht ein Paar von Holzsandalen,
es ist schon müd und schleppt sich schwer.

Es muss ein Strümpfchen mit sich schleifen,
das wund gescheuert ist am Knie....
Was soll der Zug? Wer kann `s begreifen?
Und diese ferne Melodie....

Auch Schuhchen können weinen, lachen....
Da fährt in einem leeren Schuh
ein Püppchen wie in einem Nachen
und winkt uns wie im Märchen zu.

Hier geht ein Paar von einem Jungen,
das hat sich schon als Schuh gefühlt,
das ist gelaufen und gesprungen
und hat auch wohl schon Ball gespielt.

Ein Stiefelchen hat sich verloren
und findet den Gefährten nicht,
vielleicht ist der am Weg erfroren -
ach, damals fiel der Schnee so dicht....

Zum Schluss ein Paar, ganz abgetragen,
das macht noch immer mit, wozu?
Als hätte es noch was zu sagen,
ein Paar zerrissener Kinderschuh.

Ihr heimatlosen, kinderlosen,
wer schickte euch? Wer zog euch aus?
Wo sind die Füßchen all, die bloßen?
Ließt ihr sie ohne Schuh zu Haus?

Der Richter kann die Frage deuten.
Er nennt der toten Kinder Zahl.
....ein Kinderchor. Ein Totenläuten.
Die Zeugen gehen durch den Saal.

Die Deutschen waren schon vertrieben,
da fand man diesen schlimmen Fund.
Wo sind die Kinder nur geblieben?
Die Schuhe tun die Wahrheit kund:

Es war ein harter dunkler Wagen.
Wir fuhren mit der Eisenbahn.
Und wie wir in dem Dunkel lagen,
so kamen wir im Dunkel an.

Es kamen aus den Ländern allen
viel Schuhchen an in einem fort,
und manche stolpern schon und fallen,
bevor sie treffen ein am Ort.

Die Mutter sagte: "Wie viel Wochen
wir hatten schon nichts Warmes mehr?
Nun werd ich uns ein Süppchen kochen."
Ein Mann mit Hund ging nebenher:

"Es wird sich schon ein Plätzchen finden",
so lachte er, "und warm ist`s auch,
hier braucht sich keiner abzuschinden...."
bis in den Himmel kroch ein Rauch.

"Es wird euch nicht an Wärme fehlen,
wir heizen immer tüchtig ein.
Ich kann Lublin nur warm empfehlen,
bei uns herrscht ewiger Sonnenschein."

Und es war eine deutsche Tante,
die uns im Lager von Lublin
empfing und "Engelspüppchen" nannte,
um uns die Schuhchen auszuziehn,

und als wir fingen an zu weinen,
da sprach die Tante: "Sollt mal sehn,
gleich wird die Sonne prächtig scheinen,
und drum dürft ihr jetzt barfuss gehn....

Stellt euch mal auf und lasst euch zählen,
so, seid ihr auch hübsch unbeschuht?
Es wird euch nicht an Wärme fehlen,
dafür sorgt unsere Sonnenglut....

Was, weint ihr noch? `s ist eine Schande!
Was tut euch denn, ihr Püppchen, weh?
Ich bin die deutsche Märchentante!
Die gute deutsche Puppenfee.

`s ist Zeit, ihr Püppchen, angetreten!
Was fällt euch ein denn, hinzuknien.
Auf, lasst uns singen und nicht beten!
Es scheint die Sonne in Lublin!"

Es sang ein Lied die deutsche Tante.
Strafft sich den Rock und geht voraus,
und dort, wo heiß die Sonne brannte,
zählt sie uns nochmals vor dem Haus.

Zu hundert, nackt in einer Zelle,
ein letzter Kinderschrei erstickt....
Dann wurden von der Sammelstelle
die Schuhchen in das Reich geschickt.

Es schien sich das Geschäft zu lohnen,
das Todeslager von Lublin.
Gefangenenzüge, Prozessionen.
Und - eine deutsche Sonne schien....



Wenn Tote einst als Rächer schreiten
und über Deutschland hallt ihr Schritt
und weithin sich die Schatten breiten -
dann ziehen auch die Schuhchen mit.

Ein Zug von aber tausend Zwergen,
so ziehen sie dahin in Reihn,
und wo die Schergen sich verbergen,
dort treten sie unheimlich ein.

Sie schleichen sich herauf in Stiegen,
sie treten in die Zimmer leis.
Die Henker wie gefesselt liegen
und zittern vor dem Schuldbeweis.

Es wird die Sonne brennend scheinen.
Die Wahrheit tut sich allen kund.
Es ist ein großes Kinderweinen,
ein Grabgesang aus Kindermund....

Der Kindermord ist klar erwiesen.
Die Zeugen all bekunden ihn.
Und nie vergess ich unter diesen
die Kinderschuhe aus Lublin.

Johannes R. Becher
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JuliaVerona
entdeckend


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Beiträge: 193

BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 6:12 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Klasse frescheRuebe und LESSY

Mir ist da auch noch was eingefallen vom schillernden Friedrich

... Rühmt sich mit stolzem Mund:
Fest, wie der Erde Grund,
Gegen des Unglücks Macht
Steht mir des Hauses Pracht!
Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ewger Bund zu flechten,
Und das Unglück schreitet schnell...
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Gast






BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 6:15 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Der Kloß im Hals bleibt wohl noch ne Weile, frecheRuebe. Was für eine Geschichte!! Bis vor wenigen Minuten kannte ich das Gedicht nicht.

Danke für das Lob, doch die "Übersetzung" ist nicht von mir, finde sie aber genial und dachte, auch andere können was davon haben Embarassed
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JuliaVerona
entdeckend


Anmeldedatum: 21.09.2015
Beiträge: 193

BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 6:28 pm    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht fällt Dir ja noch mehr ein an Gedichten frescheRuebe oder LESSY

Aber meine Beteiligung sollte doch auch mal gewürdigt werden oder so... Wink
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BeitragVerfasst am: Fr Nov 13, 2015 6:35 pm    Titel: Antworten mit Zitat

... Rühmt sich mit stolzem Mund:
Fest, wie der Erde Grund,
Gegen des Unglücks Macht
Steht mir des Hauses Pracht!
Doch mit des Geschickes Mächten
Ist kein ewger Bund zu flechten,
Und das Unglück schreitet schnell...

nicht von mir , aber gefällt mir Laughing

werde jetzt auch mal eins dichten.....also es war einmal, moment es klingelt gerade an der Tür .... Sad
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